Sonntag, 21. Januar 2007
Schwer beschäftigt, aber zum meckern reicht es allemal ...
Oh, wie schön ist Polen!

Besonders wenn die Bürger dieses schönen Landes im Zimmer nebenan eine original polnische Party steigen lassen – Wodka, Karaoke und ausschließlich Männer. Lieblich dringt der Klang der polnischen Version eines mir bekannten Liedes an mein Ohr, auf dessen Titel ich jetzt aber gerade nicht komme … Mist, er fällt mir nicht ein. Macht auch nichts, derweil sind die Herren drüben schon so weit, die ersten Schritte auf ihrem Weg zum Countertenor mehr oder minder erfolgreich zu beschreiten. Noch etwas unsicher in der Intonation, aber Motivation, Textsicherheit und Lautstärke sind schon recht respektabel. Zwischendurch werden trinkfesten Franzosen schon mal die Grundregeln der neuen polnischen Außenbeziehungen anschaulich dargelegt (We don’t like the Germans!) and dementsprechend aussagekräftiges Liedgut intoniert: „Nur für Deutsche!/ Nur für Geld!“. Mach t auch das keinen Spaß mehr und der Wodka knallt auch nicht mehr so, dann muss man – das lernt man als cudzoziemców (Ausländer) sehr früh – einfach nur vom Balkon brüllen, gerne auch aus dem 14. Stock. Nebenher wird sich freundschaftlich gewürgt und kräftig auf die Schulter geklopft – alles klare Zeichen wahrer Mannhaftigkeit in dieser gastlichen Gesellschaft. Andere dieser Indizien sind kurz geschorene Haare, … Verzeihung, ich rutsche ab in Klischees! Bardzo mi pzykro! Dumm nur, dass man irgendwie ständig daran erinnert wird …

Hat man sich dann einmal an die Kompromissfreudigkeit und die äußerst flexible Regelauslegung in diesem Lande gewöhnt, wird man mit einem anderen Phänomen konfrontiert. Das Zauberwort heißt „mandat“ und ist auch für nicht sprachbewanderte Deutsche durchaus zu identifizieren, denn es bedeutet ungefähr soviel wie Strafmandat, genauer Strafzettel inklusive Gebühr. So geschieht es dann, dass man über eine zugegebenermaßen rote Ampel geht, aber kein Auto auch nur sichtbar ist. Zu deutsch: alles ist frei. Der rein zufällig an jeder größeren Ampel postierte Polizist guckt gar nicht richtig hin, macht aber sofort den Regelverstoß aus und tritt mit der Miene dessen, der das Recht (Anm.d.A.: wir sprechen nicht von Gerechtigkeit!) auf seiner Seite hat, an die Delinquenten heran und versucht von Beginn an von oben herab auf sie einzuwirken. Ungünstig ist dabei, dass Letztere beide 1,80 m groß sind, er aber etwas kleiner. Zweiter Schönheitsfehler: die beiden stellen sich dumm, geben an, Deutsche zu sein und nichts zu verstehen (was natürlich Blödsinn ist, wir verstehen jedes Wort; war auch nicht so schwer :-) Der Hüter des (höchst unsinnigen) Gesetzes braucht deshalb zwei Minuten um sicher zu sein, dass wir verstanden haben, dass es sich um ein schweres Vergehen handelt und es uns 250 Zloty, grob 65 Euro, kosten wird. Nach einer weiteren Minute ungläubig, unsicheren Nachfragens und ratlosen Anschauens lässt er uns dann laufen, den Zeigefinger erhoben und mit der eindringlichen Ermahnung, ein derartiges Kapitalverbrechen nicht noch einmal zu begehen.
Was lernen wird daraus? Nichts Neues, leider. Polen versucht den Terrorismus zu bekämpfen und fängt dabei ganz unten an. Leider reichen die Ressourcen deshalb nicht mehr, die eigentlichen Probleme zu lösen. Das war die politische Moral. Die persönliche ist noch simpler: Sich dumm stellen hilft immer!

postscriptum:
„Sounds of Silence“. Wie viel Selbstironie muss man besitzen, um dieses Lied zu brüllen? Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich jetzt: Meine polnischen Nachbarn verfügen zumindest in dieser Hinsicht über nahezu unbegrenzte Selbstironie! Und nebenbei zerlegen sie das Zimmer unterlegt mit urzeitlichen Kehllauten …

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 18. Dezember 2006
Langsam wird es leer
Weihnachten rückt näher, nein, es rast heran! Die Erasmus-Studenten fliehen in Scharen aus Wroclaw, nichts als verbranntes Land hinter sich lassend. Die Hälfte der Belegschaft, so hat man den Eindruck, hat sich schon aus dem Staub gemacht ;-)
Nur ein Häufchen Unwilliger, Unentschlossener, Streber und Türken ist noch zurückgeblieben. Doch auch die ersten drei Kategorien werden in ihrer Mehrheit bald weg sein. Dann bleiben nur noch unsere türkischen Freunde! Alleine unter Polen, das blüht ihnen nun über die Feiertage. Das Wohnheim wird den Eindruck eines abgestorbenen Zahnes machen, kein Leben auf seinen Gängen, abends keine hundertfachen Lichter in den Fenstern. Niemand wird das Haus ohne weiteres aus der Ferne erkennen können. Das ist gefährlich! Wenn jetzt ein unfähiger Kleinflugzeugpilot kommt und nicht aufpasst wenn er betrunken und mit seiner Freundin an Bord im Tiefflug über Wroclaw versucht bei ihr zu landen ...
Gar nicht auszudenken! Deshalb sollte man endlich die Stadtpolizei auch in der Luft unablässig patroullieren lassen! Das ist, finde ich, unabdingbar. Es wundert mich, dass der gute Lech und der noch bessere Jaroslaw K. noch gar nicht darauf gekommen sind. Es könnten ja auch Ausländer auf die Idee kommen! Ausländische Terroristen*, Hilfe!!! Bisher hat man sie nur angeheitert auf gefährlichen Waffen wie Fahrrädern dingfest machen können, aber die sind ja nicht dumm! Ha, daran hat das Duo infernale an der Spitze Polens noch nicht gedacht!
Netter Nebeneffekt wäre auch, dass man durch den Hubschrauber und Flugzeuglärm endlich den immer näherkommenden Krach der Baustelle auf dem plac Grunwaldzki nicht mehr so stark wahrnehmen würde. Also auf Kaczinskis! Verteidigt den polnischen Luftraum endlich gegen fiese, morallose ausländische Terroristen!!! Und die Hubschrauber müssen auch so schicke neongelbe Westen mit der Aufschrift "Straz Miejska" (Stadtwache) kriegen ...
* Studenten, Touristen etc.

... link (3 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 10. Dezember 2006
Wieder ein A**** weniger ...
Endlich hat er's geschafft!
Augusto José Ramón Pinochet Ugarte, eine der ältesten Geißeln der Menschheit (speziell der Mehrheit der chilenischen), hat das zeitliche gesegnet. Eigentlich sollte man das feiern. Und das völlig ohne Häme oder gar Boshaftigkeit. Wer käme denn bei einem so verdienten und besorgten Landesvater auch nur auf die Idee, an Schadenfreude zu denken. Ihm graut's wohl schon beim Gedanken an seinen wirklich allerletzten Richter ...Nicht umsonst wird er, wenn nicht heute so doch schon bald, der "Dalai Lama Chiles" genannt! Eine Persönlichkeit die stets um das Wohl aller seiner Bürger besorgt war und sein Land trotz aller gesellschaftlichen Spaltungsversuche (Kommunisten!) hinter sich zu bringen wusste. Alleine er vermochte es (na gut, die CIA hat auch ein bisschen mitgeholfen) die Probleme Chiles - nach seiner Wahl (der Waffen) -, die ein Haufen verquerer Idealisten (Allende!) verursacht hatte, zu lösen.
Und als guter Katholik sollte man ob seines Dahinscheidens nicht etwa trauern, sondern freudig erregt sein: Augusto Pinochet hält Einzug in das Himmlische Reich!
Da bleibt nur zu hoffen, dass er von Petrus (ich galube dieser Typ versieht seinen Dienst dort) gar nicht erst durch's Tor gelassen wird und direkt dahin kommt, wohin er schon seit spätestens 40 Jahren gehört: in die Hölle!

**** Armer (Mensch)

... link (2 Kommentare)   ... comment


Besuchen sie Polen! - Vol. III
Manchmal braucht es eben mehr als ein Sequel! Heute also Teil drei der allseits beliebten Serie "Besuchen sie Polen! - Das Land der freundlichen Rezeptionistinnen". Ja es war auch bei Arkadis Besuch wieder soweit: Flitzpiepe strikes again! Dieselbe pani wie letzte Woche sorgte dafür, dass ich fünfzehn Minuten vor zwei (nachts) aus Insas warmem Bett mit einem viel zu schweren Gang an ihrem Fahrrad durch den Regen zum Wohnheim fahren musste und fünf Minuten vor Toresschluss - das Wohnheim macht ja sinnigerweise ab zwei eine Stunde dicht - der pani den Schlüssel aus der Hand nahm und ihn postwendend in die Arkadis legte. Kehrtwende auf dem Fuß und wieder ab, zurück nach "Manhattan" und weiterschlafen. Das wäre ja alles kein so großes Ding gewesen, letzte Woche gab´s´dieselbe Situation ja schon mal. Aber da lief es einfach viel freundlicher ab! Zudem war am Tag zuvor alles gar kein Problem, da war einfach nur eine andere Frau in der Rezeption, die Arkadi den Schlüssel nach einem netten, kleinen Gespräch (polnisch-slowakisch) aushändigte. Soviel zu Flexibilität.
Da wundere sich einer noch über Kopfschmerzen und Müdigkeit ...

... link (0 Kommentare)   ... comment