Freitag, 6. Juli 2007
Das mein Feund, ...
... ist der ganz normale Wahnsinn in dieser Regierung!
Was die Polen dazu sagen? Alle die mam trifft fangen entweder selbstinduziert an, über ihre Regierung zu schimpfen oder tun es, wenn man die Sprache darauf bringt. Meines Erachtens ist zumindets bei den Jüngeren - die ich getroffen habe - die Verbitterung ernst gemeint. Aber irgendwer muss die Herren ja auch gewählt haben. Und das waren nicht ausschließlich die vielgescholtenen Kleinbauern aus Ostpolen, die hier sowieso keinen guten Stand haben! Die Zwillinge (oder auch Kaczynscy) haben auch in den Städten 2005 ganz ordentlich gepunktet mit ihrem Programm.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass einige Menschen, zumindest gegenüber Ausländern, vorsichtshalber eine negative Haltung zu ihrer Regierung einnehmen, sie aber durchaus - in Grundsätzen - gutheißen. Fakt ist aber auch, dass die polnische Bevölkerung eine der euro-enthusiastischsten der Union ist und man mittlerweile - angesichts 2 Million Polen, die dauerhaft im Ausland leben und arbeiten - sagt: "70% der Polen sind mit ihrer Regierung unzufrieden. 30% sind in Irland."
Trotzdem habe ich manchmal, das Gefühl, dass eine nicht geringe Zahl das Verhalten der "Kartoffeln" insofern gutheißt, als sie sich ebenfalls eine stärkere Rolle ihres Landes in der EU wünschen. Nicht mehr von Frankreich, Großbritannien und vor allem der größten "Bedrohung" im Westen - Deutschland - gegängelt zu werden, das ist ein sicher recht starker und bis zu gewissen Graden auch gut nachvollziehbarer Wunsch. Hinzu kommt der befürchtete Verlust der eben erst (1989/90) wiedergewonnenen nationalen Selbstbestimmung und damit der eigenen nationalen Identität, die über weit mehr als hundert Jahre das Einzige war, was an Polen und seine Geschichte erinnern konnte. Bis dahin behaupte ich es zu verstehen.
Weiter aber auch nicht.
Ich persönlich halte es nicht für gut, was da abläuft, vor allem in Stilfragen und was die gesamte Rethorik an geht. Auch im Inland sieht das - soweit ich das mit meinen beschränkten Sprachkenntnissen verfolgen kann - nicht anders aus. Andererseits: so toll ist der ausgehandelt e Kompromiss in seiner Gesamtheit ja nun wirklich nicht. Klar geht es für die Jungs aus Warszawa vor allem um eigene Interessen, was sich besonders bescheuert anhört, wenn man es anderen vorwirft ebenso zu handeln. Und das Argument, dass man - würde man die durch die Deutschen ermordeten polnischen Bürger vor 1945 hinzurechnen - ungefähr 60 Millionen Einwohner hätte, war so ziemlich das genialste Argument, das ich bisher in irgendeiner Diskussion hören durfte! Wie nennt man diese Strategie? Reduction Strategy? Den Gegner unter anderem mit themenfremden Argumenten angreifen, um dann irgendwann ein bisschen zurückzurudern und trotzdem etwas zu gewinnen ...
Man kann das alles ja auch für mehr als gut geplante Verwirrung halten, auch wenn es so impulsiv wirkt. Aber ich vermute, dass die anderen EU-Staaten da auch schon drauf gekommen sind.

Man kann die Frage also nicht wirklich beantworten, die Akzeptanz der Regierung in der Addition in der Bevölkerung ist aber weiter gesunken - nimmt man die Sonntagsfrage zur Grundlage. Vergleicht man aber die Daten der letzten Umfragen, wird klar, dass die Meinung hier ohnehin sehr stark schwankt. Mal ist PiS in Führung, mal die PO. Aber wie man explizit zur EU nach dem Gipfel steht, da habe ich noch keine Umfrage finden können - noch nicht.
Fazit: Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man eigentlich nur darüber lachen!

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Alles klar!?!...
...vielen Dank für Deine persönliche Einschätzung der Dinge. Wie ich sehe ist es mit den Kartoffeln wie seinerzeit mit Helmut Kohl (daran wirst Du dich als Ossi nicht sooo erinnern wie ich, aber egal): Alle haben sich über Kohl aufgeregt, ich habe nie jemanden getroffen, der ihn gewähl haben will, trotzdem ist er 4 Legislaturperioden über Kanzler gewesen...

Übrigens zu dem Argument der Kartoffeln mit den Toten aus dem 2. WK, da bringt es die Titanic ja treffend auf den Punkt:


"Neuer Vorstoß im EU-Stimmenstreit: In der Debatte um die Stimmenverteilung innerhalb der EU ist Polens Premier Kaczynski mit einem neuen Vorschlag vorgeprescht: Polen will bei der Verteilung auch seine sechs Millionen Toten aus dem Zweiten Weltkrieg angerechnet wissen. Der Vorschlag stößt bei EU-Ratspräsidentin Angela Merkel auf Unverständnis: "Aber – das hat doch damals alles uns gehört! Dann müßten doch wir die zusätzlichen Stimmen kriegen!""

Was lernen wir daraus? Vielleicht, dass die Polen nicht so genau wissen, was sie eigentlich wollen? - wie die Deutschen...!?!

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