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Sonntag, 21. Januar 2007
Schwer beschäftigt, aber zum meckern reicht es allemal ...
felipe, 22:31h
Oh, wie schön ist Polen!
Besonders wenn die Bürger dieses schönen Landes im Zimmer nebenan eine original polnische Party steigen lassen – Wodka, Karaoke und ausschließlich Männer. Lieblich dringt der Klang der polnischen Version eines mir bekannten Liedes an mein Ohr, auf dessen Titel ich jetzt aber gerade nicht komme … Mist, er fällt mir nicht ein. Macht auch nichts, derweil sind die Herren drüben schon so weit, die ersten Schritte auf ihrem Weg zum Countertenor mehr oder minder erfolgreich zu beschreiten. Noch etwas unsicher in der Intonation, aber Motivation, Textsicherheit und Lautstärke sind schon recht respektabel. Zwischendurch werden trinkfesten Franzosen schon mal die Grundregeln der neuen polnischen Außenbeziehungen anschaulich dargelegt (We don’t like the Germans!) and dementsprechend aussagekräftiges Liedgut intoniert: „Nur für Deutsche!/ Nur für Geld!“. Mach t auch das keinen Spaß mehr und der Wodka knallt auch nicht mehr so, dann muss man – das lernt man als cudzoziemców (Ausländer) sehr früh – einfach nur vom Balkon brüllen, gerne auch aus dem 14. Stock. Nebenher wird sich freundschaftlich gewürgt und kräftig auf die Schulter geklopft – alles klare Zeichen wahrer Mannhaftigkeit in dieser gastlichen Gesellschaft. Andere dieser Indizien sind kurz geschorene Haare, … Verzeihung, ich rutsche ab in Klischees! Bardzo mi pzykro! Dumm nur, dass man irgendwie ständig daran erinnert wird …
Hat man sich dann einmal an die Kompromissfreudigkeit und die äußerst flexible Regelauslegung in diesem Lande gewöhnt, wird man mit einem anderen Phänomen konfrontiert. Das Zauberwort heißt „mandat“ und ist auch für nicht sprachbewanderte Deutsche durchaus zu identifizieren, denn es bedeutet ungefähr soviel wie Strafmandat, genauer Strafzettel inklusive Gebühr. So geschieht es dann, dass man über eine zugegebenermaßen rote Ampel geht, aber kein Auto auch nur sichtbar ist. Zu deutsch: alles ist frei. Der rein zufällig an jeder größeren Ampel postierte Polizist guckt gar nicht richtig hin, macht aber sofort den Regelverstoß aus und tritt mit der Miene dessen, der das Recht (Anm.d.A.: wir sprechen nicht von Gerechtigkeit!) auf seiner Seite hat, an die Delinquenten heran und versucht von Beginn an von oben herab auf sie einzuwirken. Ungünstig ist dabei, dass Letztere beide 1,80 m groß sind, er aber etwas kleiner. Zweiter Schönheitsfehler: die beiden stellen sich dumm, geben an, Deutsche zu sein und nichts zu verstehen (was natürlich Blödsinn ist, wir verstehen jedes Wort; war auch nicht so schwer :-) Der Hüter des (höchst unsinnigen) Gesetzes braucht deshalb zwei Minuten um sicher zu sein, dass wir verstanden haben, dass es sich um ein schweres Vergehen handelt und es uns 250 Zloty, grob 65 Euro, kosten wird. Nach einer weiteren Minute ungläubig, unsicheren Nachfragens und ratlosen Anschauens lässt er uns dann laufen, den Zeigefinger erhoben und mit der eindringlichen Ermahnung, ein derartiges Kapitalverbrechen nicht noch einmal zu begehen.
Was lernen wird daraus? Nichts Neues, leider. Polen versucht den Terrorismus zu bekämpfen und fängt dabei ganz unten an. Leider reichen die Ressourcen deshalb nicht mehr, die eigentlichen Probleme zu lösen. Das war die politische Moral. Die persönliche ist noch simpler: Sich dumm stellen hilft immer!
postscriptum:
„Sounds of Silence“. Wie viel Selbstironie muss man besitzen, um dieses Lied zu brüllen? Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich jetzt: Meine polnischen Nachbarn verfügen zumindest in dieser Hinsicht über nahezu unbegrenzte Selbstironie! Und nebenbei zerlegen sie das Zimmer unterlegt mit urzeitlichen Kehllauten …
Besonders wenn die Bürger dieses schönen Landes im Zimmer nebenan eine original polnische Party steigen lassen – Wodka, Karaoke und ausschließlich Männer. Lieblich dringt der Klang der polnischen Version eines mir bekannten Liedes an mein Ohr, auf dessen Titel ich jetzt aber gerade nicht komme … Mist, er fällt mir nicht ein. Macht auch nichts, derweil sind die Herren drüben schon so weit, die ersten Schritte auf ihrem Weg zum Countertenor mehr oder minder erfolgreich zu beschreiten. Noch etwas unsicher in der Intonation, aber Motivation, Textsicherheit und Lautstärke sind schon recht respektabel. Zwischendurch werden trinkfesten Franzosen schon mal die Grundregeln der neuen polnischen Außenbeziehungen anschaulich dargelegt (We don’t like the Germans!) and dementsprechend aussagekräftiges Liedgut intoniert: „Nur für Deutsche!/ Nur für Geld!“. Mach t auch das keinen Spaß mehr und der Wodka knallt auch nicht mehr so, dann muss man – das lernt man als cudzoziemców (Ausländer) sehr früh – einfach nur vom Balkon brüllen, gerne auch aus dem 14. Stock. Nebenher wird sich freundschaftlich gewürgt und kräftig auf die Schulter geklopft – alles klare Zeichen wahrer Mannhaftigkeit in dieser gastlichen Gesellschaft. Andere dieser Indizien sind kurz geschorene Haare, … Verzeihung, ich rutsche ab in Klischees! Bardzo mi pzykro! Dumm nur, dass man irgendwie ständig daran erinnert wird …
Hat man sich dann einmal an die Kompromissfreudigkeit und die äußerst flexible Regelauslegung in diesem Lande gewöhnt, wird man mit einem anderen Phänomen konfrontiert. Das Zauberwort heißt „mandat“ und ist auch für nicht sprachbewanderte Deutsche durchaus zu identifizieren, denn es bedeutet ungefähr soviel wie Strafmandat, genauer Strafzettel inklusive Gebühr. So geschieht es dann, dass man über eine zugegebenermaßen rote Ampel geht, aber kein Auto auch nur sichtbar ist. Zu deutsch: alles ist frei. Der rein zufällig an jeder größeren Ampel postierte Polizist guckt gar nicht richtig hin, macht aber sofort den Regelverstoß aus und tritt mit der Miene dessen, der das Recht (Anm.d.A.: wir sprechen nicht von Gerechtigkeit!) auf seiner Seite hat, an die Delinquenten heran und versucht von Beginn an von oben herab auf sie einzuwirken. Ungünstig ist dabei, dass Letztere beide 1,80 m groß sind, er aber etwas kleiner. Zweiter Schönheitsfehler: die beiden stellen sich dumm, geben an, Deutsche zu sein und nichts zu verstehen (was natürlich Blödsinn ist, wir verstehen jedes Wort; war auch nicht so schwer :-) Der Hüter des (höchst unsinnigen) Gesetzes braucht deshalb zwei Minuten um sicher zu sein, dass wir verstanden haben, dass es sich um ein schweres Vergehen handelt und es uns 250 Zloty, grob 65 Euro, kosten wird. Nach einer weiteren Minute ungläubig, unsicheren Nachfragens und ratlosen Anschauens lässt er uns dann laufen, den Zeigefinger erhoben und mit der eindringlichen Ermahnung, ein derartiges Kapitalverbrechen nicht noch einmal zu begehen.
Was lernen wird daraus? Nichts Neues, leider. Polen versucht den Terrorismus zu bekämpfen und fängt dabei ganz unten an. Leider reichen die Ressourcen deshalb nicht mehr, die eigentlichen Probleme zu lösen. Das war die politische Moral. Die persönliche ist noch simpler: Sich dumm stellen hilft immer!
postscriptum:
„Sounds of Silence“. Wie viel Selbstironie muss man besitzen, um dieses Lied zu brüllen? Ich weiß es nicht. Aber eines weiß ich jetzt: Meine polnischen Nachbarn verfügen zumindest in dieser Hinsicht über nahezu unbegrenzte Selbstironie! Und nebenbei zerlegen sie das Zimmer unterlegt mit urzeitlichen Kehllauten …
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